In der Google-Zentrale wird sicherlich gefeiert. Google Streetview ist erfolgreich erfolgreich aus dem Mediemrummel heraus. Mit einem Schlag Ruhe und bis zum Beginn der neuen Sitzungswochen des Bundestages Mitte September dürften auch jegliche Ansinnen an ein Lex Google vergessen sein.
All der Lärm um Streetview mag ein Resultat des Sommerlochs gewesen sein, eine Profilierungschance für Politiker und eine Gelegenheit der Verlage, Google an sich zu attackieren und dabei einmal auf der guten Seite zu stehen. Die Diskussion war von vornherein geführt wurden mit dem Schüren von Ängsten und mit viel Unwissenheit, was Streetview eigentlich ist.
Unabhängig von ihrer Ursache und der Art sowie Weise dieser Diskussion - Sie durchdrang die Bevölkerung deutlich mehr als jede Debatte über ein „Internet“-Thema bisher. Internetsperren waren und sind ein abstraktes Thema, ein theoretisches Problem. Die auffälligen Streetview-Fahrzeuge hingegen waren zu sehen, zu greifen. Und sie fotografierten auch die Fassaden der Häuser, deren Bewohner dass Internet nicht benutzen. Und ohne Internet erfahren auch genau diese nicht, was Streetview eigentlich real ist.
Und das führt zum merkwürdigsten Punkt in dieser ganzen Debatte: Wo war eigentlich die Gegenaufklärung? Es gab tatsächlich eine breite Front in den Zeitungen und im TV gegen Streetview. Contrastimmen gab es dort nur vereinzelt. Diese beziehungsweise neutrale Analysen fanden sich aber zumeist in Online-Medien und privaten Webseiten. Nur diese erreichen eben den Rentner aus Wersten nicht.
Der eine oder andere mag jetzt verschwörerisch behaupten: Pro-Stimmen hätten doch keine Chance gehabt, wenn die „etablierten“ Medien bereits in Stellung gegen Streetview gegangen sind. Und die Chefredakteure hätten gegenteilige Meinungen einfach unterdrückt - Wenn jemand eine halbwegs neutrale Position zu Streetview hätte formulieren können, dann wäre dies wohl die Piratenpartei gewesen. Nur: Von der Piratenpartei gibt es zu Google Streetview keine Pressemeldung, niemand von der Piratenpartei drängt vor die Kameras.
Da findet auf dem ureigensten Territorium der Piratenpartei eine Debatte statt und ausgerechnet die Partei der Internetversteher drückt sich. Es ist nicht so, dass in der Partei niemand eine Meinung dazu hatte, in den privaten Blogs von Mitglieder gab es eine Reihe durchaus kritisch-ausgewogener Kommentare. Damit erreicht aber die Partei kein Wähler. Stattdessen wurde im kleinen Kreis LiquidFeedback gefeiert: „Mit Liquid Democracy haben wir etwas verdammt Großes vor, das[sic] die Gesellschaft verändern könnte.“ Das mag für die Piraten furchtbar wichtig sein, für Wähler spielt es aber keine Rolle, wie die Position einer Partei zustande kommt, sondern dass es überhaupt eine gibt und sie auch kommuniziert wird.